Hussitenstollen

Bergbau auf Eisen

Die Eisenvorkommen im Elbsandsteingebirge sind auf Brauneisenschwarten (Seifert 1939), geringe Mengen von Nadeleisenerz (Beeger 1958) und Brauneisengerölle (Wiedemann 1961) beschränkt. Bei Kleingießhübel sollen sich Schürflöcher auf Eisen befunden haben (Götzinger 1812, Rast 1962). Die Schürfspuren am Neustelligen Hübel (Zschandgebiet) können möglicherweise mit altem Eisenbergbau zusammenhängen, seit den 60igern wird dies aber wieder bestritten (Wiedemann 1961).

Im Einklang damit steht ein Brief des Oberförsters Tröger an A. Stelzner vom 20. Juni 1870, in welchem es heißt: “……Nach den genauesten Erkundigungen, die ich bei älteren Leuten der Umgebung, namentlich auch bei den Holzhauern meines Reviers (einige davon arbeiten seit mehr als 50 Jahren daselbst) eingezogen habe, muß ich glauben, daß am Heulenberge niemals Bergbau getrieben worden ist, denn hier hat niemand jemals etwas davon gehört…..”

Der eigentliche Bergbau auf Eisen ist in der Sächsischen Schweiz auf das Gebiet beschränkt, das im Lausitzer Granodiorit liegt.

Hussitenstollen

Der Name Hussitenstollen wurde erst 1952 vom dem in der Sächsischen Schweiz bekannten Bergsteigerpionier A. Hoyer kreiert. Diese Bezeichnung wird hier als Arbeitsname weiter verwendet. Herr Hoyer berichtete auch, daß dieser Stollen damals im Volksmund oft als “unterirdischer Gang zum Schlosse Stolpen” bezeichnet wurde.

Auch bei dieser alten Bergbauanlage muß auf eine Nennung des genauen Standortes aus naheliegenden Gründen der sehr realen Vandalismusgefahr und mit Rücksicht auf die Interessen der Nationalparkverwaltung Sächsische Schweiz verzichtet werden. Das Mundloch, welches auf einen Lettengang aufgesetzt wurde, befindet sich irgendwo in den malerischen Tälern der Sächsischen Schweiz. Schon bei Stephani sind unter “Häßlich” 20 Grubennamen vom Lehnsjahr 1558 verzeichnet. Mit diesen Stollen könnte die “Hülffe Gottes” (1590) identisch sein. Meiche schreibt 1927 (leider ohne weitere Quellenangaben): “1851 April 13. Kurfürst August ordnet bergmännische Untersuchung des Kiesganges an, den der Hohnsteiner Förster hatte entblößen lassen. 1583 April 15. Derselbe befiehlt, den von des Richters Sohn Christoff Krause, im Dorf daselbst an der Bach erschürften Kupferkiesgang fachmännisch zu untersuchen. Mitte des 17. Jahrhunderts berichtet der Schösser zu Stolpen, “daß des Orts ein Zinnbergwerk hiebevor gewesen, aber vorlengst eingegangen, inmittels aber die Einwohner solche Freyheit bey de Gerichtstägen noch stets mit sich rügen lassen”.

Da sich in der Nähe des Hussitenstollens in einem Seitentälchen ein weiteres, noch erhaltenes Mundloch befindet, dessen Stollen aber infolge Aufschüttung und hohem Wasserstand nicht mehr fahrbar ist, kann man nicht eindeutig sagen, ob sich die alten Angaben Meiches auf den erstgenannten Stollen beziehen könnten. Merkwürdig erscheint auch das Vorkommen von Zinn. Es kann sich aber hierbei kaum um einen Irrtum handeln. Wiedemann berichtet aus Aktenstudien, daß dort mehrfach “eine Grube außerhalb der Hinteren Sächsischen Schweiz angeführt werde, nähmlich einen tieffen Erbstollen, eine Fundgrube und drey Ober- und eine Untermaße, die Gnade Gottes genannt”. Nach Wiedemanns weiteren Angaben über die Lage der “Gnade Gottes” könnte wiederum einer der beiden Stollen gemeint sein.

Um Verwechslungen zu vermeiden, sei noch angeführt, daß ein weiterer Stollen in diesem Gebiet beim Bau einer Straße verschüttet wurde. In einem anderen Seitental wird ebenfalls mehrfach ein Stollen (Langer) erwähnt, auch als “Bärenhöhle” (Otia Metallica, Engelhardt 1805, Freslieben 1846) bezeichnet. Von ihm findet man aber keine Spur mehr. Bemerkenswert ist, daß Weisse in der Topographie von Hohnstein 1729 zwar die Bergbauversuche um den Valtenberg ausführlich erörtert, jedoch von den Gruben im Bereich des Hussitenstollens und von den Hohnsteiner Kalkwerken nichts anführt.
Zum heutigen Zustand des Hussitenstollens: Er wurde bereits in den 50iger Jahren kurz von Eibisch (1958) beschrieben. Der Stollen ist auf seiner gesamten Länge von 125 m noch vollständig fahrbar. Zum Teil ist die Stollensohle bis zu 25 cm mit einem rotbraunen Schlamm, einer Suspension von Eisenoxidhydraten und anderen Verwitterungsprodukten, bedeckt. Mit dieser Masse ist auch ein bei 62 m Erlängung befindliches Gesenke angefüllt, durch die Viskosität des Schlammes war eine Tiefenlotung nicht möglich. Eine Stange von 3 m Länge erreichte keinen Grund. Ein schmaler Sims führt an diesem Gesenke vorbei zu einigen kurzen Seitenstrecken und zu stark brüchigen Abbauen mit morschen Stempeln. Vor einigen Jahren wurde das beschriebene Gesenke aus Sicherheitsgründen mit einer Verbühnung aus Holzbrettern versehen.

Im hinteren Teil des Stollens sind die zum Teil fast schwarzen Wandungen mit rotbraunen Sintern und “Tropfsteinen” bedeckt. Letztere bestehen zu etwa zwei Drittel aus Fe2O3, nur zu 3 % aus Unlöslichem und sind praktisch frei von MgO und CaO (Eibisch 1958). Diese “Tropfsteine” sind sehr brüchig und haben eine Mohs-Härte von 2,5 bis 3.

51 m hinter dem Mundloch führt ein Blindschacht 14 m ins Hangende zu drei weiteren Sohlen. Wahrscheinlich hat die oberste Sohle wieder zutage geführt, ist aber jetzt vollständig verrollt. Der Schacht ist nicht völlig saiger und ist, wie auch die oberen Sohlen, auf dem Gang angesetzt. Die vorletzte Sohle stellt einen Abbau dar, sie ist 3,5 m hoch, die Mächtigkeit des Firstes beträgt nur 0,3 m. In der obersten Sohle befindet sich ein zum Teil wassergefülltes Gesenke.

Team-Delta wurde es wiederum aufgrund der freundlichen Einladung der “Nationalparkwacht Sächsische Schweiz / Gruppe Fledermausschutz”, der “Fachgruppe Höhlen- und Karstforschung Dresden e.V.”, sowie des “Gebirgsvereines für die Sächsische Schweiz / Heimatfreunde Gohrisch e.V.” ermöglicht, an der Befahrung des Hussitenstollens teilzunehmen. Für diese Einladung bedanke ich mich recht herzlich bei den genannten Gruppierungen. Die aktuelle Befahrung des Stollens geschah im Zuge der durch die Mitarbeiter des Fledermausschutzes jährlich notwendigen Kontrolle der Fledermauspopulation in diesem Winterquartier.

Der Hussitenstollen wurde in den 90iger Jahren ebenfalls von der “Nationalparkwacht Sächsische Schweiz / Gruppe Fledermausschutz” mühevoll als Winterquartier für die massiv vom Aussterben bedrohten Fledermäuse in ehrenamtlicher Tätigkeit präpariert. Diese Arbeiten schlossen natürlich auch eine professionelle Verwahrung des alten Mundloches der Anlage ein. Die Verwahrung ist entsprechend zu respektieren! Aufbruchsversuche werden strafrechtlich streng verfolgt, da damit die Arbeiten der Mitarbeiter des Fledermausschutzes völlig zunichte gemacht werden!

Die ersten Meter nach dem Mundloch ist der Stollen besonders schmal und sehr niedrig. Auf der Stollensohle sind bereits die rotbraunen Eisenoxidhydrate erkennbar, die durch das Grubenwasser ausgeschwemmt werden.

Bei 51 Meter Erlängung befindet sich der Blindschacht, der zu weiteren 3 Sohlen nach oben führt. Der Mitarbeiter der “Nationalparkverwaltung Sächsische Schweiz / Gruppe Fledermausschutz” bereitet sich hier soeben auf den Einstieg in den Schacht vor, der genau über der Person beginnt.

Die im Schacht erkennbaren Aufstiegshilfen aus verzinktem Rundstahl wurde von der Gruppe Fledermausschutz in den 90iger Jahren in tagelanger, ehrenamtlicher Arbeit im Fels verankert. Früher mußte der Schacht zeitaufwändig mittels Kaminkletterei durchstiegen werden, um zur notwendigen Kontrolle der Fledermauspopulation auf die oberste Sohle zu gelangen.

Bei ca. 14 m erfolgt der Ausstieg aus dem Schacht in die obere Sohle. Da die verzinkten Rundstähle aufgrund der Grubenfeuchtigkeit und des im Hussitenstollen allgegenwärtigen Eisenoxidhydrates extrem rutschig sind, konnte auf eine entsprechende Personensicherung mittles Schlinge und Karabiner nicht verzichtet werden.

Das teilweise wassergefüllte Gesenk der oberen Sohle. Der Mitarbeiter des Fledermausschutzes kontrolliert hier aufmerksam die Firste auf ruhende Fledermäuse.

Hinter der Person befindet sich bergauswärts das verrollte, ehemalige Mundloch der obersten Sohle.

Der Mitarbeiter des Fledermausschutzes quert auf diesem Bild das obere Ende des 14m-Schachtes, um in den dahinter weiterführenden Stollen zu gelangen.

Nach erledigter Kontrolle der obersten Sohle erfolgte der Abstieg im Schacht.

Unter dieser Verbühnung mittels Holzbrettern befindet sich auf der unteren Sohle das Gesenk mit unbekannter Tiefe, welches wie bereits oben beschrieben, mit einer schlammigen Suspension von rotbraunen Eisenoxidhydraten und anderen Verwitterungsprodukten angefüllt ist.

Im hinteren Bereich des Stollens nimmt die Bedeckung der Sohle durch die Eisenoxidhydratsuspension stetig zu. Der Stollen wird hier wieder etwas schmaler, die Stollenwände sind teilweise stark geneigt.

Ein weiteres Bild vom hinteren Stollenende.

PeMü unter den Resten von völlig morschen, alten Grubenstempeln in einem brüchigem Abbau im hinteren Bereich des Stollens.

In der Nähe der Stollenbrust findet man etliche Stalagmiten und Stalagtiten, die größtenteils aus Eisenoxid bestehen, sowie farbintensive Sinterausbildungen auf dem Fels. Auf obenstehendem Bild hat ein sehr dünner, etwas schlecht erkennbarer Stalaktit nach etlichen Jahren den von unten gewachsenen Stalagmiten erreicht. Es ist somit ein kleiner Stalagnat entstanden.

Die leider zwingend notwendige Reinigung der durch das rotbraune Eisenoxidhydrat völlig verschmutzten Wat-Hose bei -15°C Außentemperatur im nahegelegenen Fluß. Aufgrund der niedrigen Außentemperaturen am Befahrungstag empfand man die üblichen ca. 8°C innerhalb des Hussitenstollens in der Tat als “Sauna”.

FAZIT DIESER BEFAHRUNG: Im Hussitenstollen bekam man einen sehr guten Einblick in die mühevolle Arbeit der Bergleute der vergangenen Jahrhunderte. Derartige geschichtlich relevante Bergbauanlagen müssen geschützt werden und der Nachwelt erhalten bleiben, wofür auch die Nationalparkverwaltung entsprechende Maßnahmen getroffen hat.

Abschließend erneut einen besonderen Dank an die Mitarbeiter der Gruppe Fledermausschutz der Nationalparkverwaltung und an Herrn Dipl.-Ing. Herbert Müller und seine Frau, beide Mitglieder der “Fachgruppe für Höhlen- und Karstforschung Dresden e.V.”, für die vielen Informationen und tatkräftige Unterstützung bei der Erstellung dieses Beitrages.

© PeMü (Die Informationen wurden aus unten genannten Quellen entnommen und für Team-Delta entsprechend zusammengestellt)

Quellen:

DIE HÖHLEN DER SÄCHSISCHEN SCHWEIZ (Speläomorphologische Inventarisation); von Dr. S. Börtitz und Dr. W. Eibisch; Dem Arbeitskreis zur Erforschung der Sächsischen Schweiz in der Geographischen Gesellschaft der ehemaligen DDR als Arbeitsgrundlage überreicht; veröffentlicht im JAHRBUCH DES STAATLICHEN MUSEUMS FÜR MINERALOGIE UND GEOLOGIE ZU DRESDEN 1962; Seiten 177 – 264; freundlicherweise zur Verfügung gestellt durch oben genanntes Museum.

Privatarchiv Herr Dipl.-Ing. Herbert Müller, Fachgruppe Höhlen- und Karstforschung Dresden e.V.

Verzeichnis der alten Literatur zur Thematik Hussitenstollen:

  • Eibisch, W.: Reste alten Bergbaues im Gebiete der Sächs. Schweiz. Sächs. Heimatblätter 4 (1958), Seite 501-506.
  • Eibisch, W.: Der Bergbau in der Sächs. Schweiz. Vortrag im Arbeitskreis zur Erforschung der Sächs. Schweiz i. d. Geographischen Gesellschaft der ehemaligen DDR am 17. 11. 1960 in Stadt Wehlen.
  • Engelhardt, K. A.: D. J. Merkels Erdbeschreibung von Kursachsen, 4. Bd., Dresden und Leipzig 1805.
  • Engelhardt, K. A.: Steinmark am Gohrisch. Sitz.-Ber. Isis (1868), Seite 179.
  • Freiesleben, C. J.: Mineralogisch-bergmännische Beobachtungen auf einer Reise durch einen Theil des meißner und erzgebirgischen Kreises, zu Anfang des 1791. Jahres. Bergmänn. Journal 5 (1792), 2. Band, 9. Stück, Seite 221.
  • Freiesleben, C. J.: Magazin für die Oryktographie von Sachsen, 1. Heft (Freyberg 1828) bis 12. Heft (1846).
  • Meiche, A.: Historisch-topographische Beschreibung der Amtshauptmannschaft Pirna. Dresden 1927.
  • Meiche, A:: Sagenbuch der Sächsischen Schweiz und ihrer Randgebiete. 2. Auflage, Dresden 1929, Seite 60.
  • Prescher, H.: Der Elbsandstein als Baustofflieferant des Wiederaufbaues. Freiberger Forsch.-Hefte C5, Berlin 1953.
  • Prescher, H. (und Börtitz, S.): Knappen – Goldwäscher – Höhlenforscher in der Sächsischen Schweiz. Ausstellung im Heimatmuseum Stadt Wehlen. Kulturvorschau Kreis Pirna, Dezember 1957, S. 11-13.
  • Stephani, J. E.: Nachrichten über den Bergbau in des Berges Amts Revier Glashütte (1717).
  • Vogel, C.: Reines Gold in Elb- und Heidesand. Zeitg. 30. 04. 1943
  • Vogel, R.: Gebiet Königsstein, Sächs. Schweiz. Werte der deutschen Heimat, Bd. 1. Berlin 1957.
  • Wiedemann, F.: Seifenbildungen im Elbsandsteingebirge. I. Seifenvorkommen und Bergbauversuche im östlichen Teil des rechtselbischen Elbsandsteingebirges. Bergakademie 13 (1961), Seite 411 und 515.
  • Weisse, J. M.: Topographia oder historische Beschreibung des Churfl. Sächs. Amtes, Schlosses und Stadt Hohnstein. Magdeburg 1729.