Baustab

Die Oberbauleitung Bad Charlottenbrunn

Die O.B.L. RIESE (Oberbauleitung Riese) der Organisation Todt hatte ihren Hauptsitz in einem sehr prunkvollen und einem Schloß ähnelnden, alten Herrenhaus in Bad Charlottenbrunn. Dieses große Gebäude liegt auf einem sanften Hügel nahe dieser Ortschaft.

Am 20. April 1944 befahl Adolf Hitler persönlich die Übergabe der Bauleitung des Bauvorhabens RIESE von der Schlesischen Industriegemeinschaft AG an die Organisation Todt. Hitler hatte zu diesem Zeitpunkt noch die Hoffnung, den Vormarsch der Roten Armee stoppen zu können und damit Oberschlesien, einem damals sehr hochindustrialisierten und damit wichtigen Teil des III. Reiches, vor dem Zugriff der Russen zu schützen.

Von ihrem Hauptsitz in Bad Charlottenbrunn dirigierte die Organisation Todt allein Mitte 1944 rund 28 000 Arbeiter, die beim Bau der RIESE-Anlagen beschäftigt waren. Laut offiziellen Darstellungen wurden ca. 257 000 Kubikmeter Stahlbeton verbaut und ca. 213 000 Kubikmeter an Stollenvolumen aufgefahren. Weiterhin entstanden im Zuge der Bautätigkeit 58 Kilometer neue Straßen mit 6 Brückenbauten. Zusätzlich verlegte man 100 Kilometer an Rohrleitungen. Für RIESE wurde angeblich mehr Beton verarbeitet, als 1944 der Gesamtbevölkerung des III. Reiches für Luftschutzbauten zur Verfügung standen.

 

 

Der ehemalige Sitz der Organisation Todt in Bad Charlottenbrunn existiert noch, wie obiges Bild zeigt. Das gewaltige und unbewohnte Gebäude befindet sich aber in einem sehr schlechten baulichen Zustand. Der im Vordergrund erkennbare Zierbrunnen ist völlig zerstört, überall liegt Müll und völlig unbrauchbares Baumaterial, welches aus den Gebäuden im Umfeld herausgebrochen wurde.

 

 

Dieses Gebäude muß in der Tat ehemals eine sehr prunkvolle Immobilie gewesen sein.

 

 

Der mit Säulen verzierte Eingangsbereich des Bauwerkes wird von zwei Löwenskulpturen aus Sandstein flankiert. Ein freundlicher polnischer Herr, der in einem der benachbarten Gebäude wohnt und den Schlüssel für die Eingangstür des Herrenhauses besitzt, ermöglichte uns die Besichtigung dieses ansonsten verschlossenen Objektes.

 

 

Die linke der beiden Löwenskulpturen. Auch hier sieht man, daß die verstrichenen Jahrzehnte nicht spurlos an dieser Bildhauerarbeit vorübergegangen sind.

 

 

Einer der langen Korridore in der ersten Etage des Gebäudes.

 

 

 

In einem der Räume fand sich noch ein alter und sehr kunstvoll gearbeiteter Kachelofen, für Kenner wahrscheinlich eine Rarität.

 

 

Bemerkenswert sind die in vielen Räumen mit Stuck und Malereien verzierten Deckenstrukturen.

 

 

Die meisten Räume des Gebäudes sind größtenteils leer. Der Erhaltungszustand der schweren und gediegenen Zimmertüren ist wider Erwarten noch sehr gut. Weiterhin befinden sich in diesem Raum an der Stuckdecke noch mehrere kunstvoll ausgeführte Deckenmalereien.

 

 

Detail dieser noch relativ gut erhaltenen Deckenmalereien…

 

 

Obiges Bild zeigt den größten Saal dieses Bauwerkes. Man ist überrascht, wie großzügig dieser Raum ausgestattet ist. Auch heute vermittelt dieser große Saal aufgrund seiner prunkvollen Atmosphäre noch ein lebendiges Bild vergangener Zeiten. In der Mitte des Raumes liegen Stuckelemente, an denen offenbar zur Zeit gearbeitet wird.

 

 

Soweit sich unser polnischer Führer verständlich machen konnte, werden Teile der Stuck-Schmuckelemente in diesem Saal momentan wieder restauriert. Obiges Bild zeigt einige Details dieser auf dem Fußboden gelagerten Stuckverzierungen.

 

 

Nach Aussagen von polnischen Anwohnern wurde dieses Gebäude nach dem Krieg weiter genutzt. Noch in den 60iger Jahren haben die führenden Größen der damals regierenden und unbeliebten Kommunisten in diesem Saal rauschende Feste veranstaltet, erinnert sich ein polnischer Bürger.

 

 

Ein Detail der wunderschön gearbeiteten Decken in diesem Saal.

 

 

Das Dach und der Dachstuhl dieses Bauwerkes befinden sich glücklicherweise noch in einem befriedigendem Zustand, so daß die darunter liegenden Räumlichkeiten mit ihren Ausmalereien zur Zeit vor Regen geschützt sind.

 

 

Die Kellerräume des Gebäudes sind relativ klein und bergen auf den ersten Blick keinerlei Geheimnisse.

 

 

Das letzte Bild zeigt im Hintergrund ein mittlerweile völlig verfallenes Nebengebäude, das sich links anschließende Bauwerk wird dagegen noch genutzt. Dieses gesamte Areal dient offenbar den hier herumstromernden polnischen Dorfkindern als Abenteuerspielplatz.

FAZIT DIESER ETWAS AUSSERGEWÖHNLICHEN BESICHTIGUNG: In diesem ehemaligen Hauptsitz der RIESE-Bauleitung der Organisation Todt ist die vergangene Geschichte noch spürbar und allgegenwärtig. Hier wurde über das Schicksal vieler tausender Häftlinge entschieden, hier wurden alle Bautätigkeiten koordiniert und sicher auch entsprechende Tarnmaßnahmen, die offenbar auch in der heutigen Zeit für etliche verborgene RIESE-Komplexe noch wirksam sind, entwickelt und vor Ort baulich umgesetzt.

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