Bergpolizei- VO

Zunehmende Bergbauaktivitäten ließen auch bald die Ordnungsbehörde einschreiten. Es galt, einige grundlegende Sicherheitsregeln festzulegen. Als Beispiel hierfür soll die nachfolgend veröffentlichte Verordnung dienen.

Obwohl schon über hundert Jahre alt, erinnert mich doch einiges an heutige Bestimmungen…

Ich danke Dr. Rüdiger Schmidt für die Bereitstellung der Unterlagen. Der Standort der originalen Vorschriften ist leider nicht mehr genau festzustellen. Wir nehmen an, sie befinden sich in den Beständen Clausthal- Zellerfeld.

Allgemeine Berg-Polizei-Verordnung
für den Verwaltungsbezirk des Königlichen Oberbergamts zu Clausthal.
Vom 26. September 1899.

Auf Grund der §§ 196 und 197 des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 in der Fassung des Gesetzes vom 24. Juni 1892 und des § 1Ziffer 9 des Gesetzes vom 14. Juli 1985, betreffend die Ausdehnung verschiedener Bestimmungen des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 auf den Stein- und Kalisalzbergbau in der Provinz Hannover wird für den Verwaltungsbezirk des unterzeichneten Königlichen Oberbergamts verordnet, was folgt:

I. Sicherung der Grubenbaue und der darüber befindlichen Erdoberfläche.

§ 1. — Sämmtliche unterirdische Grubenbaue müssen bei der Anlage gegen ein Hereinbrechen des Gebirges hinreichend sicher gestellt und für die Dauer der Benutzung in sicherem Zustande erhalten werden.

§ 2. — In Tagebauen sind die Böschung, die Höhe und die Breite der Abraum- und Abbaustrossen so einzurichten, wie dies der Schutz der Oberfläche und die Sicherheit der Arbeiter erfordern.
Alle Tagebaue, sowie durch unterirdischen Grubenbau entstandene Tagebrüche müssen, insofern sie der persönlichen Sicherheit gefährlich sind, umfriedigt oder verstürzt werden. Die Feldestheile unterirdischer Grubenbetriebe, in denen Tagebrüche zu erwarten stehen, sind beim Beginn des Abbaues einzufriedigen.
Das Verbot des Betretens solcher abgesperrter Flächen ist durch .Warnungstafeln ersichtlich zu machen.

§ 3. — Bei den unter dem jüngeren wasserreichen Gebirge bauenden Bergwerken muß unter der Auflagerungsebene des ersteren ein Sicherheitspfeiler von hinreichender Mächtigkeit zur Verhütung von Wasserdurchbrüchen unverritzt stehen bleiben.

§ 4. — Bei dem Betriebe von Grubenbauen, in deren Nähe Standwasser, schädliche Wetter irgend einer Art oder wasserreiches Gebirge bekannt oder zu vermuthen sind, muß durch Vorbohren oder andere zweckentsprechende Sicherungsmaßregeln der Gefahr eines plötzlichen Wasser- oder Wetterdurchbruchs vorgebeugt werden.
Geschieht dieses durch Vorbohren, so müssen besondere Bohrtafeln geführt werden, in welchen die Zahl, Stellung und Tiefe der Bohrlöcher sowie deren Ergebnisse (Wasserergiebigkeit, Beschaffenheit der ausströmenden Wetter und des durchbohrten Gebirges u. s. w.) täglich einzutragen sind.

§ 5. — Für zu Schürfzwecken dienende Bohrlöcher und Bohrschächte gelten die hierfür erlassenen oder noch zu erlassenden besonderen bergpolizeilichen Vorschriften.

§ 6. — Zur Sicherung von Eisenbahnen, Landstrassen, öffentlichen Wegen, Flüssen, Canälen und Bächen sind Sicherheitspfeiler von angemessener Stärke stehen zu lassen, sofern die zu schützenden Anlagen nicht auf andere Weise außer Gefahr gestellt sind.

§ 7. — Beim Abbau von Steinsalz oder von den mit diesem Mineral auf derselben Lagerstätte vorkommenden Salzen (Karnallit, Kieserit, Kainit u. s. w.) müssen Sicherheitspfeiler an den Grenzen des Grubenfeldes oder der Abbaugerechtsame und zwar in folgender Stärke:

Bei einer Tiefe der Grubenbaue unter Tage:

bis zu 100 m von mindestens 40 m
über 100 m bis zu 200 m von 52 m
über 200 m bis zu 300 m von 64 m
über 300 m bis zu 400 m von 76 m
über 400 m bis zu 500 m von 88 m
über 500 m von 100 m

rechtwinkelig auf die Berechtigungsgrenze gemessen, jederseits der letzteren unverritzt stehen bleiben.
Jederseits der Markscheide sonstiger Tiefbauanlagen sind Sicherheitspfeiler unterhalb der Sohle der tiefsten natürlichen Wasserlösung in einer Stärke von 10 m rechtwinklich gegen die Markscheide gemessen, stehen zu lassen, sofern diese Bergwerke sich nicht zu einer gemeinschaftlichen Wasserhaltung geeinigt haben.

§ 8. — Die Grubenbaue dürfen sich den in § 7 Absatz 1 vorgeschriebenen Sicherheitspfeilern nur bis auf 50 m nähern, soweit nicht deren Richtung von einem concessionirten Markscheider angegeben und dies durch bezügliche Eintragung ins Zechenbuch nachgewiesen ist.
Bohrlöchern, welche das Salzlager unter jüngerem Gebirge erreicht haben, dieselben mögen verdichtet sein oder nicht, dürfen sich die Grubenbaue ohne Genehmigung des.Bergrevierbeamten auf höchstens 50 m nähern.

§ 9. — Abbaubetriebe, in welchen die Salze durch Auflösung gewonnen werden, müssen an ihren Feldesgrenzen Sicherheitspfeiler von der doppelten der in § 7 vorgeschriebenen Stärke unverritzt stehen lassen.
Die daselbst unmittelbar zur Lösung und Hebung der Salze bestimmten Schächte und Bohrlöcher dürfen nur in einer Entfernung von mindestens 100 m von den Grenzen dieser Sicherheitspfeiler stehen.

§ 10. — Der Verhieb, die Durchörterung oder Schwächung der Sicherheitspfeiler ist nur mit besonderer Genehmigung des Oberbergamts zulässig.

§ 11.— Der Abbau der in § 7 Absatz 1gedachten, mit Steinsalz auf der nämlichen Lagerstätte vorkommenden Salze darf nur in der Weise erfolgen, daß die abgebauten Räume vollständig mit Bergen versetzt werden. Anstatt der Berge dürfen auch Steinsalz, Rückstände von der Verarbeitung der Kalisalze, kalte Aschen, Bauschutt und ähnliche Materialien verwendet werden. Der Versatz hat dem Abbau so nachzufolgen, daß die freien Salzstöße und Salzfirsten nicht länger als 6 Monate der Verwitterung ausgesetzt bleiben.

§ 12. — Beim Abbau des Steinsalzes müssen Weitungen, die 100 m Länge, 25 m Breite und 9 m Höhe überschreiten, regelmäßig und vollständig mit Bergen versetzt werden. Bei anhydritreichem, sehr festem Steinsalze kann von dem Oberbergamte auf besonderen, an den Bergrevierbeamten gerichteten Antrag gestattet werden, daß der Versatz nur theilweise erfolge. Die Ausfüllung muss dem Abbau so nachfolgen, daß die Räume höchstens 3 Jahre offen bleiben.

§ .13. — Vor endgültiger Einstellung unterirdischer Betriebe müssen geeignete Vorkehrungen getroffen werden, um die Oberfläche dauernd sicher zu stellen. Der Bergwerksbesitzer oder dessen Vertreter ist für Ausführung dieser Bestimmung verantwortlich.

§ 14. — Alle Oeffnungen und Zugänge der Schächte, Gesenke, Bremsberge, Bremsschächte, flachen Schächte, Kolllöcher, Ueberhauen und Wetterbohrlöcher sind unter und über Tage derartig abzusperren, daß Niemand ohne eigene Schuld in dieselben hinabstürzen oder sonst durch dieselben Schaden erleiden kann.
Unbefugten ist das Oeffnen oder Beseitigen der vorhandenen Sicherheitsvorrichtungen untersagt. Wer zur Ausführung von Arbeiten solche Verschlüsse geöffnet oder beseitigt hat, ist verpflichtet, sie bei Unterbrechung und Beendigung der Arbeiten wieder zu schließen oder wieder herzustellen.
Münden Grubenbaue der in Absatz 1 gedachten Art unmittelbar in eine Förderstrecke ein, so ist die Befahrung der letzteren durch geeignete Vorrichtungen (Umbruchsort, Verschlag u. s. w.) sicher zu stellen.

§ 15. — Lose Gegenstände dürfen nur in solcher Entfernung von Schächten, Gesenken, Absinken u. s. w. niedergelegt und geduldet werden, daß ein Hinabfallen in letztere nicht erfolgen kann.

II. Förderung

a) Förderung in Schächten und Gesenken

§ 16. — Bei der Förderung in Schächten und Gesenken ist die Verbindung zwischen Förderseil und Fördergefäß so herzustellen, daß eine zufällige Lösung derselben nicht stattfinden kann.

§ 17. — In Förderschächten, welche eine solche Teufe besitzen, daß die gegenseitige Verständigung der Arbeiter an den Anschlagspunkten und an der Hängebank durch Zurufen nicht d e u t l i c h erfolgen kann, sind Vorrichtungen anzubringen, welche in zweckmäßiger Weise gestatten, zwischen den einzelnen Anschlagspunkten unter einander und der Hängebank Zeichen zu geben.
In gleicher Weise ist die Hängebank mit dem Stande des Maschinenwärters durch eine derartige Vorrichtung in Verbindung zu setzen.
Der Maschinenwärter darf nicht eher aufholen, als bis ihm das Zeichen von der Hängebank aus gegeben ist.
Tafeln, auf welchen die Bedeutung der vom Betriebsführer festgestellten Zeichen erklärt ist, sind an allen Stellen über und unter Tage, wo für gewöhnlich Zeichen zu geben und entgegen zu nehmen sind, anzubringen.

§ 18. — Während der Förderung ist das Betreten der Fördertrümmer untersagt.

§ 19.— An jedem Anschlagspunkte müssen die zur Sicherung der Arbeiter erforderlichen Bäume, und, wenn eine Verbindung der gegenüberstehenden Schachtseiten nöthig ist, zweckentsprechende Umbruchsstrecken vorhanden sein.

§ 20. — Alle zur Förderung benutzten Haspelvorrichtungen müssen derartig eingerichtet werden, daß das Abziehen und Einhängen der Fördergefäße ohne Gefahr für die damit beschäftigten und für die im Gesenk befindlichen Arbeiter erfolgen kann.
Jeder Haspel muß mit Vorstecknägeln oder einer anderen sicheren Sperrvorrichtung versehen sein.

§ 21.—Beim Abteufen dürfen die Fördergefässe nur bis zu einer Hand breit unter dem Bande gefüllt werden.
Die beim Abteufen zur Ein- und Ausförderung gelangenden Materialien und Gezähe müssen, falls sie über den Hand des Fördergefäßes hinausragen, an das Seil befestigt werden.

§ 22. — Werden beim Einbau von Pumpen oder bei dem Herablassen anderer schwerer Stücke in Schächten Kabel angewandt, so müssen letztere mit Bremse, Sperrklinken und doppeltem Eingriff (2 Rädern und 2 Getrieben für dasselbe Vorgelege) versehen sein.

§ 23. — Die mit Arbeiten in den Schächten beschäftigten Personen müssen sich, sofern nicht sichere Bühnen, welche ein Abgleiten verhindern, hergestellt sind, durch Vorkehrungen, welche von den aufsichtsführenden Grubenbeamten zu bezeichnen sind, gegen Absturz sichern.
Zur Benutzung „schwebender Bühnen” bei Schachtarbeiten bedarf es der vorherigen Genehmigung des Bergrevierbeamten, welcher die dabei zu treffenden Sicherheitsvorkehrungen festsetzt. *)
Zuwiderhandlungen gegen die in der Genehmigung enthaltenen Bestimmungen unterliegen der Verfolgung und Bestrafung nach den §§ 208 und 209 des Berggesetzes.

b) Förderung in Bremsbergen und Bremsschächten.

§ 24. — In Bremsbergen und Bremsschächten müssen, insofern eine gegenseitige Verständigung der Arbeiter durch Zurufen nicht deutlich erfolgen kann, zweckmäßig gebaute Vorrichtungen vorhanden sein, die gestatten, von jedem Anschlagspunkte aus dem Bremser Zeichen zu geben.

§ 25. — Die Zugänge zu den in Betrieb stehenden Bremsbergen und Bremsschächten sind mit Vorrichtungen zu versehen, die ein unmittelbares Hineinfahren verhindern.
Für den ordnungsmäßigen Zustand dieser Vorrichtungen haben neben den zur Aufsicht berufenen Grubenbeamten auch die betheiligten Arbeiter Sorge zu tragen.
Unbefugten ist das Oeffnen oder die Beseitigung derartiger Vorrichtungen untersagt. Wer dieselben geöffnet oder beseitigt hat, hat sie wieder zu schließen oder wieder herzustellen.

§ 26. — Die Bremswerke müssen mit einer selbstwirkenden d. h. einer solchen Bremsvorrichtung versehen sein, die gelüftet werden muß, wenn der Bremskorb umgehen soll, sonst aber geschlossen ist.

§ 27. — Der Stand des Abbremsers ist so einzurichten, daß dieser ohne Gefahr und in bequemer Stellung seine Arbeit verrichten kann.

c) Förderung in Strecken und über Tage 

§ 28. — Die Schlepper (Förderleute) dürfen sich mit ihren Fördergefäßen nur in Abständen von mindestens 15 m auf geneigten und von 10 m auf söhligen Bahnen folgen.

§ 29. — Bei Förderbahnen, auf denen der Neigung wegen die Schlepper (Förderleute) nicht jederzeit im Stande sind, die Wagen zu halten, müssen letztere gebremst werden.
Werden von einem Schlepper gleichzeitig mehrere Wagen gestoßen, so müssen diese gekuppelt sein.

§ 30. — Den Schleppern (Förderleuten) ist verboten, sich beim Fördern auf die Fördergefäße zu setzen, zu stellen oder zu legen.

§ 31. — In Strecken, die nicht durch fest angebrachte Beleuchtung erhellt werden, ist das Grubenlicht der Schlepper (Förderleute) und Pferdetreiber so zu tragen, daß es den entgegenkommenden Personen sichtbar ist.

§ 32. — In eingeleisigen Pferdeförderungsstrecken sind in angemessenen Abständen Ausweichestellen einzurichten.

§ 33. — Wird Streckenförderung von einer feststehenden Antriebsmaschine aus mittelst Seils oder Kette betrieben, so ist in der Strecke eine Vorrichtung anzubringen, mit welcher von allen Anschlagspunkten aus dem Maschinenwärter Zeichen gegeben werden können.
Diese Vorrichtung muß das Geben eines Zeichens zum Stillstehen der Förderung von jedem Punkte der Strecke aus gestatten.

§ 34. — Für Streckenförderung mittelst Lokomotiven oder dergleichen ist die oberbergamtliche Genehmigung erforderlich. Der Inbetriebnahme der Anlage hat die Abnahme durch den Bergrevierbeamten vorauszugehen.

§ 35. — Lauf brücken, welche nicht zugleich als Sturzbrücken dienen, sind mit einem festen Bodenbelag in der ganzen Breite der Brücke und bei einer Höhe von mehr als 1,5 m an beiden Seiten mit einem sicheren Geländer zu versehen.

III. Fahrung.

a) Fahrung in Schächten und Stollen.

§ 36. — Jede selbständig für sich betriebene unterirdische Bergwerksanlage muß mit 2 voneinander getrennten fahrbaren Ausgängen nach der Erdoberfläche versehen sein, welche auf ihre ganze Erstreckung mindestens 30 m von einander entfernt, von allen Betriebspunkten des Grubengebäudes jederzeit erreichbar sind und nicht in ein und demselben Gebäude zu Tage ausgehen.
Ausnahmen sind für jeden einzelnen Fall nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Oberbergamts zulässig.

§ 37. — Bildet ein Fahrschacht nur eine Abtheilung eines auch zu anderen Zwecken dienenden Schachtes, so ist der Fahrschacht von den übrigen Abtheilungen derartig abzuscheiden, daß die Fahrenden vor Beschädigung gesichert sind.
Dient bei kleinen Schächten das Fördertrumm zugleich als Fahrschacht, so ist das Fahren während der Förderung gänzlich untersagt.

§ 38. — In allen Fahrschächten von mehr als 70 Grad Neigung müssen in Abständen von höchstens 10 m Ruhebühnen angebracht sein. Die Fahrten dürfen höchstens 80 Grad Neigung haben.

§ 39. — Sämmtliche Fahrten müssen hinlänglich stark gebaut, dauerhaft befestigt sein und in gutem Zustande erhalten werden.
An der Hängebank, sowie an jeder Ruhebühne müssen entweder die Fahrten wenigstens 1 m hervorstehen oder bis zu 1 m Höhe über der Ruhebühne feste Handgriffe angebracht sein.

§ 40. — Die Benutzung des Seiles sowie die Anwendung einer Fahrkunst zum Ein- und Ausfahren der Belegschaft ist nur nach ausdrücklicher Genehmigung des Oberbergamts unter genauer Beobachtung der darin festgestellten Bedingungen und nach Abnahme der Einrichtungen durch den Bergrevierbeamten gestattet.
Die Anträge auf Genehmigung zur Seilfahrt *) oder zur Anwendung einer Fahrkunst sind beim Bergrevierbeamten einzureichen.
Zuwiderhandlungen gegen die in der Genehmigung enthaltenen Bestimmungen unterliegen der Verfolgung und Bestrafung nach §§ 208 und 209 des Berggesetzes.

§ 41. — Bei Benutzung der Schachtfahrten und der Künste ist das Mitführen von grösseren Gezähstücken verboten. Nur Häuer, welche bei Schachtausbesserungen beschäftigt sind, dürfen derartige Gegenstände außerhalb der festgesetzten Fahrzeiten mitnehmen.

b) Fahrung in Bremsbergen, Bremsschächten und Rolllöchern.

§ 42. — Bei allen in Betrieb stehenden Bremsbergen, Bremsschächten und Rolllöchern, welche zur Förderung von mehr als einem Anschlagspunkte dienen, müssen besondere Fahrüberbauen oder völlig sichere abgeschlagene Fahrabtheilungen vorhanden sein, damit die Arbeiter nicht gezwungen sind, in den Förderabtheilungen zu fahren, um vor ihre Arbeit zu gelangen.
Ausnahmen bedürfen der Genehmigung des Oberbergamts.
Das Befahren der Bremsberge und Rolllöcher außerhalb der Fahrabtheilung, sowie das Ueberschreiten derselben ist während der Förderung unbedingt untersagt.

§ 43. — Das Fahren auf den Bremsgestellen oder auf den Fördergefäßen in den Bremsbergen oder Bremsschächten ist verboten.

c) Fahrung in Strecken mit maschineller Förderung.

§ 44. — Das Fahren in Strecken mit maschineller Förderung ist, falls nicht eine abgetrennte Fahrabtheilung vorhanden ist, während der Förderung nur den mit dem Dienst und der Aufsicht betrauten Personen gestattet.

§ 45. — Die Benutzung maschineller Förderungseinrichtungen zum Fahren der Belegschaft ist nur nach ausdrücklicher Genehmigung des Oberbergamts unter genauer Beobachtung der für jede einzelne Anlage festgestellten Bedingungen und nach Abnahme der Anlage durch den Bergrevierbeamten gestattet.

IV. Wetterführung und Beleuchtung.

§ 46. — Bei allen Bergwerken muß für ausreichenden Wetterwechsel derartig gesorgt sein, daß sämmtliche im Betrieb stehenden Arbeitspunkte und die zu befahrenden Grubenbaue unter gewöhnlichen Umständen sich in einem zur Arbeit und Befahrung geeigneten Zustande befinden.

§ 47- — Tritt auf Stein- oder Braunkohlengruben eine Unterbrechung oder wesentliche Störung der Wetterversorgung ein oder wird die Beschaffenheit der Wetter durch Entwickelung schädlicher Gase in bedenklicher Weise beeinträchtigt, so ist sofort die Belegschaft aus den betreffenden Grubenbauen, nach Lage des Falles aber aus der Grubenabtheilung oder aus der ganzen Grube zurückzuziehen.

§ 48. — Alle Zugänge zu nicht belegten Betriebspunkten, in welchen die Entwickelung schädlicher Wetter zu befürchten ist, sowie zu solchen Betriebspunkten, welche länger als 8 Tage nicht betrieben werden sollen, sind derartig abzusperren, daß Niemand ohne Oeffnung des Abschlusses dieselben betreten kann.
Vor der Wiederbelegung solcher Betriebspunkte muß die Gefahrlosigkeit von dem Betriebsbeamten oder einem besonders damit beauftragten zuverlässigen Arbeiter durch Untersuchung festgestellt werden.
Das unbefugte Betreten derartig abgesperrter Grubenbaue ist untersagt.

§ 49. — Die Anwendung von Wetteröfen unter Tage bedarf der besonderen ‚Genehmigung des Bergrevierbeamten.

§ 50. — Das Kesseln (Einhängen von Gefäßen mit brennenden Stoffen zum Zweck des Wetterwechsels) ist verboten.

§ 51. — Auf jedem Steinkohlenbergwerk müssen, so lange sich schlagende Wetter noch nicht gezeigt haben, mindestens 2 zweckmässig gebaute Sicherheitslampen von guter Beschaffenheit vorhanden sein.

§ 52. — Auch wenn sich in Stein- und Braunkohlenbergwerken noch keine schlagenden Wetter gezeigt haben, ist der verantwortliche Betriebsführer gleichwohl verpflichtet, die Grubenbaue in Beziehung auf die Entwickelung von Grubengas unter Anwendung der zu dessen sicheren Erkennung geeigneten Mittel aufmerksam zu beobachten.
Dem Betriebsführer einer solchen Grube liegt namentlich auch die Verpflichtung ob, die Wetterverhältnisse derselben sorgfältig zu überwachen, bei Anordnung und Ausführung des Betriebes auf Herstellung und Erhaltung einer geregelten und ausreichenden Wetterführung in den Grubenbauen, insbesondere beim Aus- und Vorrichtungsbetriebe im Voraus Bedacht zu nehmen, und zu dem Behufe stets die unter den obwaltenden Umständen geeignetsten und vollkommensten Einrichtungen zu treffen.
Sobald sich schlagende Wetter auch nur in Spuren gezeigt haben, ist dem Bergrevierbeamten hiervon schriftliche Anzeige zu machen.

§ 53. — Kohlenbergwerke, in welchen schlagende Wetter oder gefährlicher Kohlenstaub nachgewiesen sind, unterliegen den hierfür ergangenen und noch ergehenden besonderen bergpolizeilichen Bestimmungen.

§ 54. — Andere Kohlenbergwerke sind, sofern es der Bergrevierbeamte für angezeigt erachtet, durch den Betriebsführer selbst oder durch zuverlässige und dazu befähigte Beauftragte auf Schlagwetter zu untersuchen.

§ 55. — Alle Grubenbaue, welche nicht regelmäßig von frischen Wettern durchströmt werden, müssen vor dem jedesmaligen Anfahren der Belegschaft von einem Betriebsbeamten oder einem zuverlässigen, besonders damit beauftragten Arbeiter auf das Vorhandensein stickender Wetter untersucht werden.
Bevor diese Untersuchung stattgefunden hat, dürfen die Arbeiter solche Baue nicht befahren.

§ 56. — Die Zimmerung in Fahrschächten und Fahrstrecken darf nicht mit feuergefährlichen Stoffen getränkt oder bestrichen werden.

§ 57. — Auf denjenigen Kohlenbergwerken, bei welchen eine Selbstentzündung der Kohle zu befürchten ist, muß dem Ausbruch von Grubenbrand durch geeignete Mittel nach Möglichkeit vorgebeugt werden.

§ 58. — Das Schlagen von Branddämmen, sowie das Oeffnen von Brandfeldern ist nur unter zuverlässiger Leitung und Aufsicht und unter Bereithaltung von Rettungsmannschaften gestattet.
Müssen zur Erstickung eines ausbrechenden Brandes von den an Ort und Stelle befindlichen Leuten sofort Verschläge errichtet werden, so ist alsbald der zunächst zu erreichende Beamte zu benachrichtigen.

§ 59. — Die An- und Abschlagspunkte der saigeren und flachen Schächte der Bremsberge, Bremsschächte und Strecken, in welchen die Förderung mittelst Maschinen stattfindet, sowie die Bremswerke sind während der Förderung beständig erleuchtet zu halten.

§ 60.— Es ist verboten, in Grubenräumen, die nicht durch Tageslicht oder fest angebrachte Beleuchtung erhellt werden, ohne Grubenlicht zu fahren.

V. Verkehr mit Sprengstoffen.

§ 61.— Hinsichtlich des Verkehrs mit Sprengstoffen gelten die hierfür ergangenen oder noch ergehenden besonderen bergpolizeilichen Bestimmungen.

VI. Häuerarbeiten.

§ 62. — Bei allen Schrämarbeiten müssen die verschrämten Stöße durch Verspreitzung oder durch Stehenlassen kleiner Pfeiler im Schräme hinreichend gegen ein vorzeitiges Niedergehen gesichert werden.

§ 63.— Das Rauben der Zimmerung und das Werfen eines Bruches darf nur unter Aufsicht und Leitung eines Grubenbeamten oder eines zuverlässigen, mit dieser Arbeit vertrauten Häuers ausgeführt werden.

§ 64. — Das Betreten ausgeraubter Brüche ist verboten. Kohlen dürfen aus ihnen nur mittelst langgestielter Kratzen gefördert werden, nachdem der Brucheingang in hinreichender Weise gesichert ist.
Nach Beendigung der Förderung ist der Bruch mit einem Schutze zu versehen.

VII. Maschinenbetrieb.

§ 65. — Beim Maschinenbetriebe müssen die Arbeitsräume, Betriebsvorrichtungen, Maschinen und Gerätschaften so eingerichtet und mit Schutzvorrichtungen versehen sein, daß Gefahren für Leben und Gesundheit soweit ausgeschlossen sind, wie es die Natur des Betriebes gestattet.
Ferner sind auf Verlangen des Bergrevierbeamten diejenigen Vorschriften über die Ordnung des Maschinenbetriebes und das Verhalten der Arbeiter zu erlassen, welche zur Sicherung eines möglichst gefahrlosen Betriebes erforderlich sind. Diese Vorschriften sind alle 6 Monate durch Verlesen und außerdem durch Aushang auf den Werken den Arbeitern bekannt zu machen und binnen 3 Tagen nach dem Erlaß zur Kenntniß des Bergrevierbeamten zu bringen.

§ 66. — Alle Arbeiter sind verpflichtet, die bestehenden Sicherheitsvorschriften (§ 63 Abs. 2) pünktlich zu befolgen und, falls sie bei den Betriebs- und Schutzvorrichtungen einen nicht betriebssicheren Zustand bemerken, dem Aufsichtsbeamten sofort Anzeige hiervon zu machen.

§ 67. – Das Putzen, Schmieren und sonstige Berühren der während des Betriebes nur mit Gefahr zugänglichen Maschinenteile, einschließlich der Vornahme von Ausbesserungen, ist während des Ganges der Maschine unbedingt verboten. Die hiernach während des Betriebes nicht verbotenen Arbeiten dürfen nur durch den Maschinenwärter oder andere erfahrene Personen, in keinem Falle aber durch jugendliche Arbeiter ausgeführt werden.
Das Berühren der elektrischen Leitungen, sowie der elektrischen Maschinen und elektrischen Apparate ist nur den mit dem Dienst und der Aufsicht betrauten Personen und auch diesen nur unter Anwendung der geeigneten Sicherheitsmaßregeln gestattet.

§ 68. — Alle Arbeiter, welche ihre Beschäftigung in die Nähe umgehender Maschinentheile führt, dürfen während der Arbeit nur eng anliegende Kleidung tragen.

§ 69. — Der Eintritt in die Maschinenräume und in die Kesselhäuser ist Unbefugten verboten.
Alle Eingänge zu diesen Räumen müssen mit einem deutlich sichtbaren Eintrittsverhote versehen sein.

VIII. Aufbereitung und sonstige Tagesanlanlagen.

§ 70.— Eigenthümer von Bergwerken, welche zum Zwecke der Aufbereitung ihrer Bergwerkserzeugnisse besondere Anstalten errichten, müssen mindestens 4 Wochen vor Eröffnung des Betriebes dieser Anstalten hierüber dem Bergrevierbeamten Anzeige erstatten. Der Anzeige muß eine kurze Beschreibung und eine Zeichnung der Anstalt und der Oertlichkeit beigefügt sein.
Das Gleiche gilt für wesentliche Aenderungen dieser Anstalten.

§ 71. — Bei jeder Aufbereitungs – Anstalt sind entweder die benutzten trüben Wasser wieder zur Aufbereitung zurückzuführen, oder Abklärungsvorrichtungen, Entsäuerungsanlagen, Klärsümpfe, Sand- und Schlammfänge in solcher Zahl und Größe anzulegen und in Stand zu erhalten, daß dadurch die schädlichen Beimengungen nach Möglichkeit zurückgehalten werden.
Sobald die Beschaffenheit der zu Tage ausfliessenden Grubenwasser es nothwendig macht, sind gleichfalls diejenigen Vorrichtungen zu treffen, welche zur größtmöglichen Beseitigung der in denselben enthaltenen schädlichen Beimengungen erforderlich sind.

§ 72. — Die Klärsümpfe und Teiche, sowie Sand- und Schlammfänge müssen, ehe sie gefüllt sind, ausgeschlagen werden.
Die Sand- und Schlammhalden sind, sofern es das öffentliche Interesse erheischt, gegen ein Fortführen durch Wind und Wasser durch geeignete Mittel (Lehm- oder Rasenbedeckung, Anpflanzung, feste Dämme, Flecht- oder Krippwerk u. s. w.) zu sichern.
Neu anzulegende Halden müssen derartig von Bächen und anderen natürlichen Wasserläufen entfernt bleiben, daß ein Abspülen derselben auch bei Fluthzeiten nicht stattfinden kann.

§ 73. — Glühende Aschenhaufen und in Brand gerathene Halden sind für die Dauer des Brandes und so lange noch heiße Asche sich vorfindet, gegen das Betreten durch Menschen und Vieh in zweckentsprechender Weise abzusperren. Auch ist, falls dadurch Gefahr droht, das Verwehen glühender Staubkohle durch Bedeckung mit geeigneten Stoffen zu verhindern.
Das Verbot des Betretens solcher abgesperrter Brandflächen ist außerdem durch Warnungstafeln ersichtlich zu machen.

IX. Briketfabriken.

§ 74. — Bezüglich der unter Aufsicht der Bergbehörde stehenden Braunkohlen- Briketfabriken gelten die hierfür erlassenen oder noch zu erlassenden besonderen bergpolizeilichen Vorschriften.

X. Arbeiter.

§ 75. — Personen männlichen Geschlechts, welche das 16. und Frauenspersonen, welche das 18. Lebensjahr nicht überschritten haben, dürfen nicht in einer ihrer körperlichen Entwickelung nachtheiligen Weise beschäftigt werden. Besonders ist es verboten, sie mit Haspelziehen, mit Karrenlaufen oder über das Kreuz oder mit Karrenlaufen auf ansteigenden Bahnen zu beschäftigen.

§ 76. — Jeder belegte Arbeitspunkt muß der Regel nach in jeder Schicht mindestens einmal von einem Aufsichtsbeamten befahren werden.
Arbeitspunkte, welche nur mit einem Mann belegt sind, müssen in der Schicht mindestens zweimal befahren werden. Eine dieser Befahrungen kann von einem damit beauftragten Arbeiter geschehen.

§ 77. — Auf allen Bergwerken, in welchen Temperaturen von mehr als 25 ° Celsius herrschen, müssen zuverlässige Thermometer vorräthig sein und an den von dem Bergrevierbeamten bestimmten Punkten regelmässig beobachtet werden.

§ 78. — Beim unterirdischen Grubenbetriebe dürfen Arbeiter in einer Temperatur von 30° Celsius oder mehr nicht länger als täglich 6 Stunden beschäftigt werden.

§ 79. — Arbeiter, welche nicht mindestens ein Jahr lang Häuerarbeit unter Aufsicht eines erfahrenen Häuers verrichtet haben, dürfen bei der Häuerarbeit nicht allein angelegt werden.

§ 80. — Solchen Arbeitern eines Bergwerks, einer Aufbereitungsanstalt u. s. w., von deren Achtsamkeit das Leben und die Gesundheit anderer Werksarbeiter abhängig ist (Anschläger, Abnehmer, Maschinen- und Kesselwärter, Wetterofenheizer u. s. w.) darf eine die gewöhnliche Schichtdauer überschreitende Arbeitszeit, abgesehen von außerordentlichen Nothfällen, nicht gestattet werden.

§ 81. — Ein die §§ 14, 15, 18, 21, 23, 25, 28 bis 31, 41 bis 44, 47, 48, 50, 55, 58 Abs. 2, 60, 62 bis 64, 65 Abs. 2, 66 bis 69, 75, 76 Abs. 2, 78 bis 80, 81 Abs. 2 und 88 umfassender Auszug dieser Polizei-Verordnung ist in der Kaue in Anschlagsform auszuhängen und halbjährlich durch Verlesen der Belegschaft bekannt zu machen.Für diejenigen Arbeiter, welche der deutschen Sprache nicht mächtig sind, ist Vorsorge zu treffen, daß sie mit den auf ihre Beschäftigung sich beziehenden Vorschriften bekannt gemacht werden.

XI. Nachtragung der Grubenbilder.

§ 82. — Die regelmäßige Nachtragung der Grubenbilder muß bei jedem betriebenen Bergwerk mindestens jährlich, bei Steinkohlen-, Steinsalz- und Kalisalz-Bergwerken mindestens halbjährlich stattfinden, soweit nicht durch besondere Anordnungen des Oberbergamts andere Fristen gestellt werden.

§ 83. — Gebäude, Wasserbehälter, Wasserläufe, Eisenbahnen, Landstraßen, Wege und alle sonstigen Tagesgegenstände, auf deren Erhaltung beim Grubenbetriebe Rücksicht genommen werden muß, sind ebenso wie die Grenzen der zur Erhaltung dieser Gegenstände von der Bergbehörde festgestellten Sicherheitspfeiler unverzüglich und unabhängig von den in § 81 für die Nachtragung der Grubenbilder festgesetzten Fristen auf das Grubenbild zu bringen.

§ 84. — Wenn auf einer Grube der Betrieb eingestellt wird, so muß jedes Mal vorher die vollständige Nachtragung des Grubenbildes erfolgen. Ebenso müssen alle einzelnen unterirdischen Baue bevor sie unfahrbar werden auf das Grubenbild gebracht sein.Etwa unzugänglich gewordene Baue sind ihrer Lage nach so gut als möglich durch den Betriebsführer dem Markscheider zur Verzeichnung anzugeben.

§ 85. — Der Betriebsführer ist dafür verantwortlich, daß dem Markscheider bei Aufnahme und Nachtragung der Grubenbaue Nichts, was auf dem Grubenbilde zur Darstellung gelangen muß, verheimlicht wird.

§ 86. — Der Bergrevierbeamte ist befugt, im bergpolizeilichen Interesse die sofortige Nachtragung des Grubenbildes im einzelnen Falle anzuordnen.

§ 87. — Bei jeder Nachtragung muß auch das amtliche Grubenbild nachgetragen werden.

XII. Schlussbestimmungen.

§ 88. — Abgesehen von den zuständigen Organen der Staatsbehörde und den mit amtlichen Fahrscheinen versehenen Personen dürfen Fremde nur mit Erlaubniß der Betriebsverwaltung und in Begleitung eines Beamten oder erfahrenen Häuers die Grube befahren.
Niemand darf in die Grubenbaue eindringen oder zu denselben zugelassen werden, wenn er sich in trunkenem Zustande befindet oder mit einer Krankheit oder mit einem Gebrechen behaftet ist, welche bei der Grubenfahrt sein Leben gefährden können.

§ 89. — Für die Ausführung der nach Inhalt dieser Polizeiverordnung nöthigen Einrichtungen kann das Oberbergamt auf Antrag angemessene Fristen bewilligen. Mit Erlaß gegenwärtiger Verordnung treten die nachstehend genannten Bergpolizeiverordnungen

1. vom 5. Juni 1869, allgemeine Polizei-Verordnung,
2. vom 10. Juli 1874, betreffend die Aufstellung und den Betrieb von locomobilen Dampfkesseln auf Bergwerken und Aufbereitungsanstalten,
3. vom 14. September 1874, betreffend die Absperrung brennender Kohlenhalden auf Bergwerken,
4. vom 2. April 1885, betreffend Sicherheitspfeiler an den Markscheiden der Steinkohlenbergwerke,

außer Kraft.

§ 90. — Zuwiderhandlungen gegen die vorstehende Verordnung unterliegen, sofern nach den bestehenden Gesetzen nicht eine härtere Strafe verwirkt ist, der Verfolgung und Bestrafung nach den § 208 und 209 des Allg. Bergges. vom 24. Juni 1865 in der Fassung des Gesetzes vom 24. Juni 1892.

§ 91. — Die gegenwärtige Polizei-Verordnung tritt 4 Wochen nach der Veröffentlichung in Kraft.

Clausthal, den 26. September 1899.
Königliches Oberbergamt.

AnIage 1.

Anweisung
zur Ausführung des § 23 der allgemeinen Bergpolizei-Verordnung vom 26. September 1899, betreffend die Benutzung der sogenannten schwebenden Bühnen auf Bergwerken im Bezirke des Königlichen Oberbergamts zu Clausthal.

Nachdem durch § 23 der Bergpolizei-Verordnung vom 26. September 1899 für die Benutzung schwebender Bühnen die Genehmigung des Königlichen Bergrevierbeamten vorgeschrieben worden, setzen wir im Nachstehenden die Bedingungen fest unter denen die Genehmigung zur Inbetriebnahme der schwebenden Bühnen zu ertheilen ist.

§ 1. — Jede schwebende Bühne muss wenigstens an vier Punkten aufgehängt sein.

§ 2. — Neben den vier Ketten, Seilen oder dergl., an denen die schwebende Bühne aufgehängt ist, müssen vier längere, unter sich jedoch gleich lange Nothketten, Seile oder dergl. befestigt sein, welche, solange die Hauptketten u. s. w. die Bühne tragen, nicht angespannt sein dürfen, beim Reißen einer der Haaptketten u. s. w. aber die Bühne am Umkippen hindern.

§ 3. — Jede schwebende Bühne muß in allen ihren Theilen derartig gebaut sein, daß eine mindestens zehnfache Sicherheit gegen die beabsichtigte Meistbelastung vorhanden ist.

§ 4. — Jede Vorrichtung, mittelst deren die schwebende Bühne auf- oder abwärts bewegt wird, muß mit einer zuverlässigen Vorrichtung zum Feststellen versehen sein.

§ 5. — Dem Königlichen Bergrevierbeamten sind die maßgebenden Zeichnungen und Beschreibungen der schwebenden Bühne zur Prüfung einzureichen. Derselbe hat die Genehmigung zur Inbetriebnahme erst dann zu ertheilen, wenn die im § 3 vorgeschriebene mindestens zehnfache Sicherheit nachgewiesen ist.

§ 6. — Die Verbindung der Ketten u. s., w. der schwebenden Bühne mit dem Kabel- bezw. Förderseil muß so hergestellt sein, daß eine zufällige Lösung der Verbindungsstücke nicht möglich ist.

§ 7. — Ist eine schwebende Bühne länger als ein Jahr außer Betrieb gewesen oder wird sie auf einem anderen Schacht in Betrieb genommen, oder werden wesentliche Aenderungen daran vorgenommen, so ist die Genehmigung des Königlichen Bergrevierbeamten zur Wiederinbetriebnahme der Bühne von Neuem einzuholen.

§ 8. — Mittelst der schwebenden Bühne dürfen Mannschaften nicht ein- oder ausgefordert werden, nur den zur Leitung bezw. Führung der Bühne während des Ein- und Ausforderns bestimmten Beamten und Arbeitern ist es gestattet, auf der Bühne zu fahren.

§9. — Die Genehmigung zur Inbetriebnahme der schwebenden Bühne hat seitens des Bergrevierbeamten durch Eintragung in das Zechenbuch und Vermerk auf den maßgebenden Zeichnungen und Beschreibungen zu erfolgen. Alle bei der Beaufsichtigung und Benutzung der schwebenden Bühnen verwandten Personen sind mit der im § 8 enthaltenen Bestimmung bekannt zu machen und auf die Befolgung derselben besonders zu verpflichten; daß dies geschehen, ist ebenfalls im Zechenbuch zu vermerken.

Clausthal, den 26. September 1899.
Königliches Oberbergamt.