Zeschnig

Der Bergbau auf Kalk ist in der Sächsischen Schweiz an den Bereich der Lausitzer Überschiebung gebunden, an der Schollen des Jura mit emporgeschleppt wurden. So fanden sich Kalkwerke im Weißbachtal, im Heidelbachtal, am Saupsdorfer Bach (Kalklöcher Richtershaide), im Hofewinkel im Kirnitzschtal, bei Hohnstein und bei Zeschnig. Der ersoffene Tagebau im Heidelbachtal ist heute noch zu sehen, sonst findet man außer Zeschnig allerorts nur noch geringe Spuren.

Während der Kalktiefbau nach Gumprecht auf dem rechten Polenzufer erst 1828 durch einen ersten Schurf begonnen wurde, sind alle anderen Bergwerke schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufgelassen worden. Bedauerlicherweise ist der 1834 mit 450 Ellen Länge (254,7 Meter) vorgetriebene Entwässerungsstollen des Saupsdorfer Kalkwerkes nicht mehr fahrbar. Er schleppte sich direkt auf der Überschiebung entlang, weshalb er schon damals das Interesse der Geologen erweckte. Aus seiner Lage erklärt sich aber auch sein schneller Verfall. Schon 1835 beschreibt Gumprecht bei einer Befahrung, die er “kriechend durch Schlamm und Wasser” bewältigen mußte, den Stollen als “in einem üblen Zustand”. Glücklicherweise hinterließ Gumprecht der Nachwelt eine ausgezeichnete Profilkizze.

Nach Götzinger begann der Kalkabbau bei Zeschnig als Tagebau: “In Zeschnig hat man erst in diesem Jahr einen bläulichgrauen und körnigen Kalkstein zu brechen angefangen.” Die Eröffnung des Tiefbaues erfolgte nach Gumprecht im 19. Jahrhundert. 1865 bis 1888 sollte das Kalklager durch den “Hockstein-Erbstolln” in den “Kohlichten” (einer Schlucht, die durch den Bau der Wartenbergstraße verändert wurde) unterfahren werden. Dieses Projekt ist jedoch nicht beendet worden.

Später wurde der Kalk von Zeschnig von dem Autor Geinitz (1871) in das Interesse der Geologen gerückt. Danach handelt es sich bei dem Zeschniger Kalk nicht um Jurakalk, sondern um ein Transgressionskonglomerat des “unteren Quaders” mit jurasischen Gemengeteilen. Seifert (1955) korrigierte diese Annahme zugunsten einer Entstehung bei tektonischen Bewegungen. Weiterführende Untersuchungen von Beeger (1957, 1958) befaßten sich wiederum mit der Geologie des Zeschniger Kalkvorkommens, so daß auf Grund der Unwahrscheinlichkeit eines glaukonitischen Sandsteins im Liegenden gegen einen Deutung als Transgressionsprodukt nichts mehr einzuwenden ist. Chemische Analysen wurden von Stöckhardt (mitgeteilt von Gutbier 1858) sowie von Börtitz (1958) angefertigt. Sie zeigen einen hohen Magnesiumgehalt von über 16% MgO.

Der genaue Standort der heute noch gut erhaltenen Anlage wird aus verständlichen Gründen nicht veröffentlicht. Nordöstlich vom Mundloch fallen drei bewachsene Terrassen auf, es handelt sich hierbei um die alten Abraumhalden. Die Kalkgrube Zeschnig wurde in den 90iger Jahren von der “Nationalparkwacht Sächsische Schweiz / Gruppe Fledermausschutz” mühevoll als Winterquartier für die massiv vom Aussterben bedrohten Fledermäuse in ehrenamtlicher Tätigkeit präpariert. Diese Arbeiten schlossen natürlich auch eine professionelle Verwahrung des alten Mundloches der Anlage ein. Die Verwahrung ist entsprechend zu respektieren! Aufbruchsversuche werden strafrechtlich streng verfolgt, da damit die Arbeiten der Mitarbeiter des Fledermausschutzes völlig zunichte gemacht werden!

Wiederum wurde es Team-Delta aufgrund der freundlichen Einladung der “Nationalparkwacht Sächsische Schweiz / Gruppe Fledermausschutz”, der “Fachgruppe Höhlen- und Karstforschung Dresden e.V.”, sowie des “Gebirgsvereines für die Sächsische Schweiz / Heimatfreunde Gohrisch e.V.” ermöglicht, an der Befahrung dieser alten Anlage teilzunehmen. Für diese Einladung bedanke ich mich recht herzlich bei den genannten Gruppierungen.

Ein 63 Meter langer, 1,6 Meter breiter und 2 Meter hoher sandsteingemauerter Stollen führt in die eigentliche Kalklagerstätte, eine Linse von etwa 65 Meter Durchmesser und etwa 20 Meter Mächtigkeit, die man in 6 Meter hohem Abbau bis auf 9 stehengelassene Sicherheitspfeiler abgebaut hat. Nachträglich wurden 4 weitere Pfeiler künstlich eingefügt. An der Ostseite wird eine Störungszone angeschnitten, die das Konglomerat vom turonen Sandstein trennt. Nach der Untersuchung von Beeger (1957) kann die Lausitzer Überschiebung nur wenige Meter nordöstlich dieses Aufschlusses verlaufen. Im Nordwestteil finden sich an der Decke geringe Ansätze von Calcit-Stalaktiten. Als Gegenstücke haben sich keine Stalakmiten gebildet, sondern kleine perlenförmige Calcit-Kristall-Aggregate von 1 bis 3 mm Durchmesser.

Nach dem Zugangstollen öffnet sich der hohe Abbau der Kalkgrube. Links im Bild zwei der oben genannten Stützpfeiler zur Firstsicherung.

Auf diesem Bild kann man die Größe dieser alten Bergbauanlage sehr gut zuordnen.

Um das Jahr 1982 wurden im Auftrag des Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR in der Kalkgrube Zeschnig größere Umbauarbeiten durch eine zuständige Bergsicherungsfirma durchgeführt. Vom Stolleneingang bis zur großen Halle wurde die unebene Sohle des Bergwerkes mit Split aufgefüllt und dabei zusätzlich Entwässerungsrohre verlegt.

Der Zweck dieser Maßnahmen ist bis jetzt größtenteils unklar. Vermutlich sollte diese Anlage als Depot oder ähnliches weitergenutzt werden.

Durch die Bergsicherung wurde in dieser Zeit außerdem ein neuer Schacht von der Erdoberfläche abgetäuft, der mit Betonringen ausgebaut ist. Aufgrund der in diesem Schacht installierten Steigeisen diente diese Einrichtung offenbar als Notausstieg für das umgebaute Bergwerk. Das Mundloch des Schachtes ist heute entsprechend verwahrt.
Obenstehendes Bild zeigt den Einstieg in diesen Schacht, links neben der Person sind die Steigeisen im Beton erkennbar. Das am Firste an einem Spannseil installierte Elektrokabel stammt ebenfalls noch aus der Zeit des Umbaues der Anlage.

Ein weiterer Blick in die Hallen des Bergwerkes. Hinter der Ziegelmauer im Bildhintergrund links neben dem Stützpfeiler mündet der Zugangsstollen in die Hohlräume.

Die aktuelle Befahrung dieses Bergwerkes geschah im Zuge der durch die Mitarbeiter des Fledermausschutzes jährlich notwendigen Kontrolle der Fledermauspopulation in diesem Winterquartier. In den beiden der Kamera präsentierten Gaze-Säckchen befinden sich bereits sehr vorsichtig eingesammelte Fledermäuse, die auf ihre Begutachtung warten.

Hier werden die aufgefundenen Fledermäuse behutsam einer Artbestimmung unterzogen, außerdem erfolgt eine Kontrolle der Benummerung des Fledermausringes. Desweiteren liegt das Augenmerk der Forscher auf mögliche Erkrankungen und einem eventuellen Milbenbefall der Tiere. Alle Angaben werden genaustens protokolliert und fließen später nach ihrer Auswertung zusätzlich in eine entsprechende Statistik ein.

Ein Großes Mausohr. Fledermäuse sind als Nachtjäger die intensivsten Vertilger von Insekten und leisten damit einen wertvollen Beitrag zum Gleichgewicht in unserer Natur. Ein erwachsenes Tier benötigt in einer einzigen Nacht etwa die Hälfte des eigenen Körpergewichtes an Insektennahrung.

Fledermäuse sind in Sachsen die am stärksten bedrohte Säugetiergruppe. Alle 22 heimischen Fledermausarten stehen auf der “Roten Liste” der vom Aussterben bedrohten Tiere. Hauptsächlich benutzen Fledermäuse im Winter alte Bergwerksstollen, Höhlen und Kellergewölbe als Quartier. Höhlentourismus ist aus diesem Grund für diese Zeit streng untersagt, damit die Tiere nicht aufgeweckt werden, da ansonsten der reduzierte Stoffwechsel gefährlich viel Energie verbraucht, die den Fledermäusen damit bis zum Erreichen des Frühjahres nicht mehr zur Verfügung steht.
Eingesetzte Pflanzenschutzmittel wirken auch stark populationsdezimierend, da in deren Folgewirkung die Fledermäuse über ihre belasteten Beutetiere vergiftet werden. Außerdem stehen den Tieren heute zu wenig Quartiermöglichkeiten zur Verfügung. Der Wald wird “aufgeräumt”, wodurch man allzuoft hohle Bäume als Lebensraum vieler Tierarten in Unwissenheit entsorgt. Dachböden werden ausgebaut und abgedichtet und zum Schutz vor Holzschädlingen wird sehr oft eine chemische Dachstuhlkonservierung vorgenommen, was meist zur direkten Vergiftung der Tiere führt.

Die rein ehrenamtliche, sehr umfangreiche und zeitaufwändige Tätigkeit der “Nationalparkwacht Sächsische Schweiz / Gruppe Fledermausschutz” zum Erhalt dieser bedrohten Tierart ist aus diesem Grund mit großer Hochachtung zu bewerten!

Ebenfalls um 1982 wurde von der zuständigen Bergsicherung im Auftrag der Staatssicherheit ein neuer Stollen aufgefahren, dessen Beginn innerhalb der alten Abbauhallen auf obigem Bild erkennbar ist. Da dieser Maßnahme keine geologische Notwendigkeit als Sondierungsstollen etc. zuordenbar ist, wird vermutet, daß dieser Stollen als weiterer Fluchtweg aus der Anlage vorgesehen war.

Der hintere Teil des Stollens wurde innerhalb von sehr brüchigem Gestein aufgefahren. Aus diesem Grund machte sich ein umfangreicher Stützausbau notwendig.

Im Stollenbereich hinter der Person ist der Firstdruck des Gebirges mittlerweile so groß, so daß etliche Stahlträger des verrosteten Ausbaues massiv nach unten durchgebogen und schwer beschädigt sind. Hier besteht mittlerweile akute Verbruchgefahr.

Der Stollenvortrieb endet plötzlich im Bereich dieser leichten Weitung. Es sind hier noch etliche fertig gebohrte Sprenglöcher auszumachen, aus denen stark Wasser in den Stollen eindringt. Da die Störungen an dieser Stelle im Gebirge immer gravierender wurden, verzichtete man offenbar auf den geplanten Durchschlag an das Tageslicht.

Aufgrund der akuten Verbruchgefahr verließ ich diesen Stollenbereich schnellstmöglich.

Ein weiterer Blick in die Abbauhallen des Bergwerkes. Hier hatte offenbar die Bergsicherung auf eine Präparation der Sohle mittels eingebrachten Split verzichtet. Für Höhlenbiologen eine erfreuliche Tatsache, da hier seltene Lurche ihren Lebensraum gefunden haben.

In einem Teil der alten Berbauanlage existiert sogar ein sehr malerischer unterirdischer See. Die Person in Bildmitte dient als Größenvergleich.

Das Wasser dieses unterirdischen Sees ist glasklar. Dieser künstliche Aufstau entstand durch eine Betonmauer, welche eine Kammer dieses Bergwerkes absperrt.

Ein weiterer Blick in die zerklüftete Kammerstruktur des Bergwerksbereiches, in dem sich das unterirdische Gewässer befindet.

Auf diesem Bild kommt für Forscher die unerklärliche Faszination untertägiger Anlagen im Zusammenspiel mit der undurchdringlichen Finsternis voll zur Geltung.

Auf dem letzten Bild ist noch eine Seltenheit zu sehen. Es handelt sich hierbei um die sogenannten “Höhlenperlen”, schneeweiße und teilweise kugelförmige Calcit-Kristalle. Wie weiter oben bereits beschrieben, haben sich als Gegenstück der am Firste befindlichen Calcit-Stalaktiten keine Stalagmiten gebildet, sondern es sind diese kleinen Calcit-Kristall-Aggregate mit einem Durchmesser von wenigen Millimetern entstanden.

FAZIT DIESER BEFAHRUNG: Altbergbauanlagen üben auf Forscher, Bergbauhistoriker und Interessierte aufgrund der geschichtlichen Relevanz, im Zusammenwirken mit der unbeschreibbaren Atmosphäre an den dunklen Grubenorten, ohne Zweifel eine einzigartige Faszination aus.

Während dieser interessanten Befahrung der Kalkgrube Zeschnig konnte man einen sehr guten Einblick in die Arbeit der Gruppe Fledermausschutz gewinnen. Es handelt sich um eine ausschließlich ehrenamtliche Tätigkeit. Die Arbeiten, welche die Mitglieder in Verbindung mit der Nationalparkverwaltung in ihrer Freizeit neben ihrem Beruf ausführen, umfassen zum großen Teil auch umfangreiche Baumaßnahmen zur notwendige Sicherung untertägiger Anlagen, um die betreffenden Objekte als Fledermauswinterquartier nutzbar zu machen. Die Baumaßnahmen schließen selbstverständlich eine entsprechende Mundlochsicherung ein. All diese genannten Arbeiten sind sehr zu würdigen, da sie der dringend notwendigen Arterhaltung dieser bedrohten Tierart dienen.

Abschließend noch einen besonderen Dank an Herrn Dipl.-Ing. Herbert Müller und seine Frau, beide Mitglieder der “Fachgruppe für Höhlen- und Karstforschung Dresden e.V.”, für die vielen Informationen und tatkräftige Unterstützung bei der Erstellung dieses Beitrages.

© PeMü (Die Informationen wurden aus unten genannten Quellen entnommen und für Team-Delta entsprechend zusammengestellt)

Quellen:

  • DIE HÖHLEN DER SÄCHSISCHEN SCHWEIZ (Speläomorphologische Inventarisation); von Dr. S. Börtitz und Dr. W. Eibisch; Dem Arbeitskreis zur Erforschung der Sächsischen Schweiz in der Geographischen Gesellschaft der ehemaligen DDR als Arbeitsgrundlage überreicht; veröffentlicht im JAHRBUCH DES STAATLICHEN MUSEUMS FÜR MINERALOGIE UND GEOLOGIE ZU DRESDEN 1962; Seiten 177 – 264; freundlicherweise zur Verfügung gestellt durch oben genanntes Museum.
  • Privatarchiv Herr Dipl.-Ing. Herbert Müller, Fachgruppe Höhlen- und Karstforschung Dresden e.V.

Verzeichnis der alten Literatur zu der Thematik Kalkgrube Zeschnig:

  • Beeger, H. D.: Über den Kalkbergbau bei Zeschnig. Sächs. Heimatblätter 4 (1959). Seite 423.
  • Beeger, H. D.: Kreidestratigraphie und Tektonik des Gebietes zwischen Stadt Wehlen und Hohnstein (Sächs. Schweiz). Jb. Staatl. Mus. Min. Geol. Dresden, 1956/57, Dresden und Leipzig 1957, Seite 25 – 55.
  • Börtitz, S.: Gesteinsanalysen von jurasischen Kalken an der Lausitzer Hauptverwerfung. Jb. Staatl. Mus. Min. Geol. Dresden 1958, Dresden und Leipzig 1958, Site 100.
  • Gumprecht, T. E.: Beiträge zur geognostischen Kenntnis Sachsens und Böhmens. Berlin 1835.
  • Götzinger, W. L.: Schandau und seine Umgebungen oder Beschreibung der Sächsischen Schweiz. 1. Auflage 1804, 2. Auflage Dresden 1812.
  • Götzinger, W. L.: Geschichte und Beschreibung des Chursächs. Amts Hohnstein mit Lohmen, insbesondere der unter dieses Amt gehörigen Stadt Sebnitz. Freyburg 1786.
  • Geinitz, H. B.: Über das Konglomerat bei Zeschnig bei Hohnstein. Sitz.-Ber. Isis Dresden 1882, Seite 68.
  • Geinitz, H. B.: Das Quadergebirge oder die Kreideformation Sachsens. Sitz.-Ber. Isis Dresden 1871, Seite 139.
  • Gutbier, A. v.: Geognostische Skizzen aus der Sächsischen Schweiz und ihrer Umgebung. Leipzig 1858.
  • Seifert, A.: Stratigraphie und Paläogeographie des Cenomans und Turons im Sächsischen Elbtalgebiet. Freiberger Forsch.-Hefte C 14, Berlin 1955.