Es gab in jüngster Vergangenheit nicht wenige Veröffentlichungen zum Thema deutsche Atomforschung im Dritten Reich. In fast allen dieser Publikationen wird die Meinung vertreten, es habe zumindest 2 Erprobungen deutscher Atombomben auf dem Territorium Deutschlands gegeben. Eine dieser Erprobungen wird durch die diversen Autoren in das Gebiet des Truppenübungsplatzes Ohrdruf gelegt, die andere in die Nähe von Kummersdorf bzw. an verschiedene Plätze im Bereich Mecklenburg- Vorpommern.
Ich beziehe mich im folgenden auf Ohrdruf und auf Georg, „Hitlers Siegeswaffen Band 1“ Das soll keine Missachtung anderer Autoren darstellen, es bot sich halt nur an…
Es liegt in der militärischen Geheimhaltung begründet, das es auch heute noch schwierig ist, Details zu Größen und Wirkungen von Atombomben mit Sprengwirkung zu erhalten. Also verlassen wir uns auf die von Georg in seinem Buch auf S. 113 ff. gemachten Aussagen zu einer sogenannten kleinen Uranbombe. Hier wird eine absolut tödliche Wirkung „von einigen hundert Metern um die Einschlagstelle herum“ angenommen. Da es sich um eine erste taktische Atomwaffe handelt ist davon auszugehen, dass wirklich nur zwei unterkritische Uranmassen aufeinander geschossen werden, um die Kettenreaktion auszulösen. Auch dies entspricht Georgs Nachweisführung. Ausgehend von anderen Quellen wird die Sprengkraft heutiger taktischer A- Waffen in Form von Tornisterbomben mit einem Äquivalent von ca. 100 Tonnen TNT angegeben. Ob sie für die angenommenen damaligen kleinen Uranbomben nun 0,1 oder auch nur 0,05 Kilotonnen betrug, sei dahingestellt. Auch letzteres entspricht noch der gleichzeitigen Explosion von ca. 1660 (!) Bomben des von den Engländern im Zweiten Weltkrieg häufig verwendeten Sprengbombentyps GP 250 LB. Oder ein anderer Vergleich: Für Angriffe auf Uboot- Bunker entwickelte die RAF die sogenannte Tallboy- Bombe. Sie enthielt immerhin 5,3 t Sprengstoff. Beim Angriff auf Keroman III am 06.08.44 schlug eine derartige Bombe in der 7,57 m starken, speziell durchkonstruierten Decke aus massivsten Stahlbeton ein. Es wird berichtet, das dabei die Bleche an der Deckenunterseite leicht durchgebogen wurden, die Decke aber sonst noch standhielt. Einbauten und Zwischenwände stürzten im Bunker ein, Menschen wurden durch Sogwirkung von den Dockbänken im Innern des Bunkers ins Wasser gezogen. Nun stellt Euch bitte vor, was passiert, wenn man 10 dieser Bomben gleichzeitig zündet – von denen eine allein auf freiem Feld einen gut 20 bis 30 m tiefen, kegelförmigen Krater von ca. 150 m Durchmesser reißt.
So weit zu den Ausgangsangaben.
Zum Nachweis des Versuches mit der kleinen A- Waffe auf dem Platz Ohrdruf werden die Berichte von Frau Cläre Werner angeführt. Wie weit die Berichte a) zutreffend sind und b) sich daraus Schlussfolgerungen auf einen Atomwaffentest ableiten lassen war und ist Gegenstand kontroverser Debatten. Frau Werner war in den 40- er Jahren Burgwart auf der Wachsenburg, einer der Drei Gleichen. Von dieser Burg aus sind weite Bereiche des Truppenübungsplatzes direkt zu überblicken. Als imaginären Zündpunkt der Bombe nehme ich einen Punkt bei 010 48 13 Ost und 50 50 53 Nord (WGS 84) an. Von dort sind es bis zur Wachsenburg ca. 5 km, bis Bittstädt ca. 6 km, 7 km bis Espenfeld, 6 km bis Gossel, 4 km bis Wölfis, 7 km bis Crawinkel, 4 km bis zu den Ohrdrufer Lagern, 6 km bis Ohrdruf selbst und auch nur 7 km bis Schwabhausen. In all diesen Orten dürfte eine Großexplosion auf dem Platz visuell, insbesondere aber akustisch wahrgenommen werden. Der Truppenübungsplatz Ohrdruf war nie eine Erprobungsstelle für besonders großkalibrige Waffen und Munition. Von daher sollte eine Explosion, die sich ganz erheblich vom normalen Übungsbetrieb unterschied und noch dazu in der Nacht ereignete, schon wahrgenommen werden und auch im Gedächtnis der Bewohner der angrenzenden Ortschaften erhalten bleiben. Sie sollte damit heute zu erfragen sein, zumal bei den Befragten keine direkte Beziehung zu den Stollenbauten hergestellt werden wird, was heute zumeist Schweigen zur Folge hat. Es ist aber (außer der zumindest hinsichtlich der Explosionsstärke nicht zu verifizierenden Aussage von Frau Werner und der von ihr benannten Zeugen) nichts über eine derart gewaltige Explosion auf dem Platz in Erfahrung zu bringen.
Welche Möglichkeiten hätte es gegeben, einen Bombentest durchzuführen?
Unterirdisch: Die heute gebräuchliche Form eines Tests. In einen Vertikalschacht von 200 bis 400 m Tiefe wird die zu testende Bombe eingelassen und gezündet. Das hat den Vorteil, das die Merkmale wie Lichtblitz, die typische Wolke etc. weitgehend verborgen bleiben und auch so gut wie kein Fall Out auftritt. Dafür steigt die Strahlenbelastung im Testgelände rapide an. Darüber hinaus ergibt sich eine sehr große tektonische Belastung der entsprechenden geologischen Schichten. Auf weiten Teilen des Truppenübungsplatzes finden wir eine ca. 250 bis 400 m mächtige Schicht aus Kalken, gefolgt von sehr festen Gesteinsschichten aus dem Keuper. Ein unterirdischer Test hätte zur Folge, das weite Teile der Kalkschichten vom festen Gestein abgehoben worden wären. Die im Kalk vorhandenen natürlichen Hohlräume wären in Masse eingestürzt, was zur plötzlichen Ausbildung einer größeren Anzahl von Erdfällen geführt hätte. Das ist ausweislich der vorhandenen Luftbilder nicht zu beobachten. Ein unterirdischer Test in der beschriebenen Art hätte damit auch zu erheblichen Beschädigungen der in diesem Gebiet ja auch durch Georg vermuteten unterirdischen Anlagen geführt – selbst wenn sie komplett schwimmend konstruiert waren, was jedoch einen erheblichen Aufwand beim Bau derselben bedeutet hätte.
Auf der Erdoberfläche: (bzw. einige zehn Meter darunter): Zuerst einmal ein völlig unübliches Testverfahren, aber das sei dahingestellt. Eine derartige Testdurchführung hätte weitgehend alle Merkmale einer A- Explosion ergeben müssen – sichtbar nicht nur von der Wachsenburg, sondern von allen oben genannten Gemeinden aus. Auch darüber liegen keine verifizierbaren Aussagen vor. Es hätte ein größerer, radioaktiv erheblich verstrahlter Krater mit lasurähnlicher Oberfläche und dem typischen Ringwall an den Außenbegrenzungen entstehen müssen. Durch die Erschütterungen wäre es (wenn auch in geringerem Umfang) zu den schon beschriebenen Erdfällen und Beeinträchtigungen der vermuteten unterirdischen Anlagen gekommen. Auf Luftbildern ist nichts dergleichen zu entdecken. Selbst wenn man 18 Monate Zeitraum bis Kriegsende annimmt, erscheint eine komplette Tarnung selbst unter Inkaufnahme einer größeren Anzahl an Menschenleben nicht möglich. Durch die Explosion in Erdbodennähe wäre überdies eine nicht unerhebliche Menge an schweren verstrahlten Bodenstoffen aufgewirbelt worden, die sich in der Nähe (wenige km) der Explosionsstelle verteilt und damit weite Flächen des Platzes verstrahlt hätten. Da es auf dem Platz neben größeren Waldbeständen überall kleinere Waldgruppen gibt, hätten zumindest die Bestände in bis zu 500 m Entfernung von der Teststelle komplett vernichtet werden bzw. erheblich beschädigt werden müssen. Auch dieser Effekt ist an keiner Stelle des Platzes zu erkennen.
Die Aussagen treffen auch auf die Zündung in einigen Dutzend Metern Höhe zu. Einige Effekte werden verstärkt, andere abgeschwächt. Die Grundaussagen aber bleiben.
In einigen hundert Metern Höhe: Die eigentliche Einsatzform der Atombombe, denn hierbei wird die größte „gewünschte“ Wirkung erzielt. Für Testzwecke eigentlich unüblich. Alle Merkmale sind ausgeprägt, es gelten die bereits für die Explosion auf der Erdoberfläche gemachten Angaben mit der Maßgabe, das kein großer Krater entsteht, die Lasurbildung unter dem Zentrum bereits an der Erdoberfläche auftritt, die Beobachtungsentfernung größer wird und auch die entsprechenden Wirkungsradien sich vergrößern. Letzteres ist vor allem für Brände in Folge des Lichtblitzes und der damit verbundenen Hitzestrahlung sowie der Druckwelle und der damit verbundenen Vernichtung des Baumbestandes von Bedeutung. Auch solche Schäden sind nicht in kurzer Zeit zu tarnen.
Als vermeintlicher argumentatorischer Ausweg kam deshalb vor einigen Jahren die Theorie einer skalierbaren Kleinstatomwaffe ins Spiel. Neben Mehner und Karlsch vertritt letztlich auch Georg diese Theorie. Auch in neueren Veröffentlichungen wird daran festgehalten. Darüber werde ich in einem separaten Artikel berichten, denn hierbei geht es auch um die vermeintliche Lagerung solcher Waffen im Gebiet des Tales..
Fazit: Es erscheint auf der Grundlage der obigen Betrachtungen höchst unwahrscheinlich, das auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf Waffentests mit explodierenden A- Waffen vorgenommen worden sind. Das ergibt sich sowohl aus den fehlenden objektiven Nachweisen in Form von Geländeveränderungen und der Abwesenheit entsprechender Isotopennachweise als auch aus der logischen Betrachtung der näheren Umstände. Für die Beobachtungen von Frau Werner sowie für einige andere Effekte auf dem Platz muß wohl eine andere Erklärung gesucht werden.
© Dieter TD 2018