Auch Koralle blieb von Zerstörungen nicht verschont. In den einzelnen Beiträgen hatte ich darauf schon hingewiesen. Deshalb an dieser Stelle einmal Klartext zu den ausgemachten Ursachen. Aber zuerst einige Bilder in der Galerie quer durch das Gesamtobjekt:
Wie es dazu kommen konnte? Nun ja, wie an vielen anderen Stellen des Landes auch. Es gibt eine sich verstärkende und unstrittige Tendenz zu solchen Handlungen. Logisch, denn meist bleiben sie völlig folgenlos. Das Objekt liegt mitten im Wald und in Großstadtnähe neben beliebten Ausflugszielen. Niemand wohnt oder arbeitet mehr dort oder in der unmittelbaren Nachbarschaft. Obwohl der Waldeigentümer als auch wir recht aktiv sind, ist die Chance, bei verbotenem Tun erwischt und zur Rechenschaft gezogen zu werden, nahe Null. Liegt der erste Kühlschrank neben Bauschutt im Wald, ist das erste Loch im Zaun entstanden, das erste Loch in eine Mauer geschlagen, vervielfachen sich die Schäden und Zerstörungen in den darauffolgenden Wochen und Monaten. Und das ist unaufhaltsam, jedenfalls dann, wenn man einen vernünftigen Zeit- und Kontrollaufwand ansetzt. Und die Entwicklung beschleunigt sich. Zog sich die Zerstörung des Fernmeldebunkers noch über Jahre hin, war die vollständige Zerstörung der Kommandantur nur eine Frage von Monaten, nachdem der letzte Mieter ausgezogen war.
Neben diesem Alltagsvandalismus gab es natürlich auch ernsthaftere Kriminalität. So verschwanden wesentliche Teile der Generatoren im Fernmeldebunker genau so wie elektrische Verkabelung oder ein eingeschweißter Verbandskasten von dort, ein Energieverteiler aus der Kommandantur, eine Brandschutztreppe plus die gesamte Heizungsanlage (gerade neu reingebaut) aus dem Haus Bergauf nebst etlichen Quadratmetern Dacheindeckung….
Verbringt man – wie wir – zusammengerechnet etliche Wochen im Jahr im Objekt, begegnen einem die seltsamsten Menschen. Beispiele gefällig?
Da war der Mann mit dem Fahrrad. Nach getaner Arbeit sitzen wir, zu zweit, am späten Nachmittag zusammen und besprechen die Zaunreparatur am nächsten Tag. Auf dem Gelände, die Tore verschlossen. Plötzlich erscheint auf dem Hauptweg ein fahrradschiebender Mann. Würdigt uns keines Blickes und schiebt 10 m entfernt das Rad gruß- und wortlos vorbei. Unsere Ansprache hat ihn jetzt nicht weiter gestört. Warum auch? Er ging übrigens in Richtung Nirgendwo, denn dort war gerade der Zaun repariert worden. Nun könnte man das natürlich unter dem Oberbegriff “Idi**” abtun, aber so einfach ist das nicht. Genau diese Einstellung (“Was interessiert mich denn, wem das hier gehört, ob da Schilder stehen und die Tore im Zaun vorhanden und zu sind?”) ist es, die zunehmend zu größeren Problemen führt.
Es ist ja nun nicht so, dass sich Aktivitäten auf unserem Gelände darauf beschränken würden, eben mal zu schauen. Eine Gruppe von drei Personen stromert durchs eingezäunte Gelände. Erwischt, angesprochen und weil sie relativ vernünftig erschienen, einiges erklärt und gezeigt. Nachdem sie weg waren wurde festgestellt, dass auch eine sehr gut getarnte Kamera mit ihnen gegangen war. Das ist schon dreist. Überhaupt scheinen unsere Ausrüstungsgegenstände einen besonderen Reiz auszuüben. So versuchte jemand, in stockdunkler, stürmischer und regnerischer Nacht (Was macht man denn unter solchen widrigen Umständen eigentlich im Wald?) ein Notstromaggregat zu stehlen. Gut, das war gesichert und es gelang nicht. Stahlbewehrung verschwand ebenso wie Bewegungssensoren, alte Schaufeln, alte Stühle, Sicherungstechnik oder ein über Nacht draußen liegender Helm. Um nur ganz simple Beispiele zu nennen.
Das war der Stand 2017.
Und heute, also Stand 05/2020? Da hat sich natürlich alles wesentlich beschleunigt. Wir dachten, das geht gar nicht mehr, aber es ging doch. Innerhalb eines Jahres gab es keinen Raum mehr ohne Farbschmierereien im Bunker. Angebracht natürlich mit lösungsmittelhaltiger Farbe zur Zeit der Winterruhe der Fledermäuse. Müll ohne Ende. Nockenwelle eines Generators mit der Folge riesiger Ölsauerei geklaut. Weitere alte Gartenstühle nebst einen kleinen Holztisch gestohlen. Brauchten wir u.a, zum Tag des offenen Denkmals. Stühle und Tisch waren mit einer Kette und Schloß gesichert, also nichts mit einfach mal kurz wegtragen. Dazu war Werkzeug notwendig. Bewehrungseisen, die zur Sicherung gebraucht wurden, nicht nur einfach mitgenommen, sondern im Gelände vergraben – mit der Spitze nach oben. Unverschlossene Grabungslöcher überall auf dem Gelände des Fernmeldebunkers. Trampelpfade, die von ganzen regelmäßig durchziehenden Kompanien stammen könnten. Zaunreparaturen völlig sinnlos, die Halbwertszeit liegt unter einer Woche. Fröhliche Zeiten am Lagerfeuer (das bislang letzte übrigens bei Waldbrandwarnstufe 4) und bei Spielen mit Softairwaffen. Freilaufende Hunde auf dem Gelände. Zerschlagene Glasflaschen – macht sich besonders gut bei der Häufung hoher Waldbrandwarnstufen in den vergangenen zwei Jahren. Nicht zuletzt wurden auch oberirdisch wichtige Objekte aus der Vergangenheit zerstört, die uns heute bei der Rekonstruktion z.B. der Antennenanlage fehlen.
Nein, diese Zustandsbeschreibung ist weder vollständig noch übertrieben. Es blieb nichts weiter übrig, als Konsequenzen aus dieser sich beschleunigenden Entwicklung zu ziehen. Die erste war, die Luke zum Bunker so zu sichern, dass sie nur noch mit schwerer Technik zu öffnen ist. Auch sonstige Sicherungen wurden verstärkt, die Kontrolldichte erhöht. Wer künftig auf dem Gelände angetroffen wird, hat nicht mit mahnenden Worten, sondern mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen – und für den Fall, dass er Schaden verursacht hat, auch mit finanziellen. Uns ist klar, dass es dabei auch Menschen treffen wird, die sich aus tatsächlichem Geschichtsinteresse heraus tatsächlich nur mal eben umschauen wollten. Ausweislich der Geschehnisse scheinen die aber in der Minderheit zu sein.